Angst vor Ablehnung überwinden: Wie Schematherapie helfen kann (Fallbeispiel & Tipps)
Manchmal sehnen wir uns nach Nähe und gleichzeitig hält uns etwas unsichtbar zurück. Die Angst vor Ablehnung kann so stark werden, dass wir uns aus Angst vor Zurückweisung lieber zurückziehen. In meiner Praxis zeigt sich dieses Muster häufig — und es gibt Wege, die inneren Blockaden Schritt für Schritt zu lösen. In diesem Artikel erzähle ich dir die Geschichte von Anna*, die gelernt hat, wieder echte Verbindungen zuzulassen.
Annas Geschichte: Wenn die Angst vor Zurückweisung das Leben bestimmt
Anna kam in meine Praxis, weil sie sich oft einsam fühlte. Eigentlich wollte Freunde treffen, blieb dann aber doch zu Hause. Manchmal hatte sie die WhatsApp zur Kontaktaufnahme schon geschrieben und lies ihr Handy kurz vor dem Moment des Abschickens doch wieder sinken…
„Ich habe Angst, mich aufzudrängen“, sagte sie. Beim tieferen Hinsehen entdeckten wir: in ihr saß die Überzeugung: „Wenn ich so bin, wie ich wirklich bin, werde ich abgelehnt.“
In der Kindheit hatte Anna oft das Gefühl, nicht genug zu sein. Ihre Eltern waren streng, Zuwendung gab es selten, dafür aber Kritik und „kleine Strafen“ bei Fehlern. So lernte sie früh, ihre Bedürfnisse zurückzustellen, sich der Situation anzupassen und ihre Unsicherheit zu verstecken.
Warum die Angst vor Ablehnung so fest sitzt
Wenn wir immer wieder Ablehnung oder emotionale Kälte erleben, entwickeln wir Schutzstrategien, um klar zu kommen: Wir vermeiden Nähe, halten Menschen unbewusst auf Abstand oder passen uns übermäßig an. Kurzfristig schützt das vor weiteren Verletzungen — langfristig verhindert das die Gefühle von Verbundenheit, stärkt das Empfinden von Einsamkeit und mindert das Selbstwertgefühl.
In der Schematherapie nennen wir dieses Muster eine Bewältigungsstrategie. Sie vermittelt: „Bleib lieber allein, dann kann dir nichts passieren.“ Aber diese Strategie gehört nicht zur gesunden erwachsenen Sichtweise auf eine ungefährliche Situation in der Gegenwart, sie ist ein Echo der Vergangenheit.
Wie Schematherapie hilft, die Angst vor Ablehnung zu überwinden
In der Therapie haben wir behutsam damit begonnen, Annas verletztem inneren Anteil zuzuhören. Sie lernte, sich selbst mit Mitgefühl zu begegnen und ihre Angst als eine alte Schutzreaktion zu verstehen. In Imaginations-Übungen erschuf sie einen inneren sicheren Ort — einen ruhigen Platz am Meer, an dem sie sich geborgen fühlte.
Dieser innere Anker half ihr, sich in belastenden Momenten zu beruhigen. Gleichzeitig arbeiteten wir daran, ihre inneren Überzeugungen zu Nähe und Ablehnung zu hinterfragen: War es wirklich gefährlich, sich anderen zu zeigen? Und was passiert, wenn sie es trotzdem wagen würde?
Kleine, mutige Schritte wurden zu wichtigen Erfolgserlebnissen: eine kurze Nachricht an eine Freundin, ein spontaner Kaffee mit einer Kollegin. Mit der Zeit konnte Anna spüren, dass Nähe nicht automatisch Ablehnung oder Schmerz bedeutet — und dass sie liebenswert ist, so wie sie ist.
3 Selbsthilfetipps, um die Angst vor Ablehnung zu verringern
Neue Wege zu gehen, fühlt sich am Anfang oft ungewohnt an. Das mulmige Gefühl im Bauch oder die innere Anspannung bedeuten aber nicht, dass etwas falsch läuft — im Gegenteil. Sie zeigen, dass du deine alten Muster verlässt. Es ist normal, wenn sich nicht sofort ein Hochgefühl einstellt. Mit der Zeit gewöhnt sich dein System an die neuen Erfahrungen, und die Unsicherheit lässt nach.
Hier sind ein paar Übungen, die du ausprobieren kannst:
Fazit: Du bist nicht deine Angst — Nähe ist lernbar
Anna auf ihrem Weg zu begleiten hat mich sehr berührt, denn mit der Zeit konnte sie ihre Schutzmauern Stück für Stück abbauen, offener werden und mehr Verbundenheit erleben.
Heute weiß sie: selbst wenn jemand ihre Kontaktaufnahme ablehnt, bedeutet nicht, dass sie falsch oder wertlos ist.
Wenn jemand mal keine Zeit hat oder etwas anderes im Leben gerade Vorrang hat, heißt das nicht, dass sie unwichtig ist. Jeder Mensch hat sein eigenes Leben, eigene Herausforderungen und Grenzen — und eine Absage ist oft kein Urteil über die eigene Person, sondern spiegelt nur die aktuelle Situation des anderen wider.
Früher hätte Anna sofort gedacht: „Ich bin nicht wichtig genug.“ Heute kann sie innehalten und sich sagen: „Die Absage hat nichts mit meinem Wert zu tun.“
Sie hat gelernt, dass echte Nähe nicht bedeutet, ständig verfügbar zu sein, sondern dass Beziehungen auch kleine Pausen aushalten dürfen.
Schritt für Schritt konnte sie das Vertrauen aufbauen, dass sie liebenswert ist — auch dann, wenn nicht immer alles nach Plan läuft. Und dass wahre Verbundenheit entsteht, wenn man sich selbst mit all seinen Unsicherheiten annimmt.