EMDR - Abnehmen wie mit Zauberhand?
Ungelöste Gewichtsprobleme sind für viele Erwachsen ein Dauerbrenner. Besonders dann, wenn emotionales Essen als Trost oder Belohnung dient, ist es schwer, es zu verändern. Wie kann EMDR da helfen? Bevor wir in dieses spannende Thema eintauchen, möchte ich etwas wichtiges anmerken:
ich möchte hier kein Heilversprechen aussenden, dass EMDR die Wunderwaffe gegen hartnäckig bestehendes Übergewicht ist. ich möchte aufzeigen, wie ich in der Praxis mit EMDR vorgehe und worauf ich mich fokussiere, um einen weiteren Ansatz aufzuzeigen und Hoffnung zu geben.
Ursprung und Auslöser des Essverhaltens
Emotionales Essen ist oft tief in unserer Vergangenheit verwurzelt. Situationen, in denen wir als Kinder oder Jugendliche Trost im Essen fanden oder für gutes Verhalten belohnt wurden, können unser Essverhalten bis ins Erwachsenenalter prägen und somit stark beeinflussen. Wenn es also unglückliche Momente gab, die mit Essen erleichtert werden konnten, kann das Essen eine Art "Lösung für Schmerz" sein. Diese Verknüpfung im Kopf gilt es dann zu lösen.
Hier kommt die EMDR-Therapie ins Spiel. EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) ist eine Methode, die ursprünglich zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen entwickelt wurde. Sie kann jedoch auch bei der Aufarbeitung von belastenden Erlebnissen, die unser Essverhalten beeinflussen, sehr effektiv sein.
EMDR-Therapie zur Aufarbeitung der Vergangenheit
Die EMDR-Therapie hilft, tiefsitzende emotionale Wunden zu versorgen, indem sie die Erinnerung an belastende Ereignisse neu verarbeitet. Dies geschieht durch bilaterale Stimulation – zum Beispiel durch Augenbewegungen oder Töne. Die Methode kann in verschiedenen Schritten eingesetzt werden, um sowohl die Vergangenheit als auch gegenwärtige Auslöser und zukünftige Verhaltensmuster zu bearbeiten. Klingt kompliziert? Ich werde es gleich mithilfe von ein paar Beispielen deutlicher machen.
Ursprungs-Situationen bearbeiten
Mit EMDR können wir gezielt Situationen aus der Vergangenheit aufarbeiten, die das Essverhalten geprägt haben. Oft handelt es sich dabei um prägende Erlebnisse, in denen das Essen eine emotionale Funktion übernommen hat. Diese Erinnerungen werden durch EMDR bearbeitet, sodass sie ihre emotionale Ladung verlieren und im Hier und Jetzt nicht mehr belasten. Beispiele aus meiner Praxis zeigen, wie diese Situationen aussehen können:
Sabine, 48 Jahre: Als Kind erlebte sie oft familiäre Spannungen. Ihre Eltern stritten viel, und Sabine zog sich oft in die Küche zurück, wo sie sich mit Süßigkeiten beruhigte. Dieses Trostessen half ihr damals, die familiäre Unsicherheit zu ertragen. Durch EMDR konnte Sabine diese Erlebnisse verarbeiten und fand neue Wege, sich heute in stressigen Situationen zu beruhigen – ohne den Griff zu Schokolade.
Markus, 50 Jahre: Markus wurde in seiner Jugend für gute schulische Leistungen immer mit großen Mahlzeiten und Süßspeisen belohnt. Diese Assoziation von Leistung und Belohnung durch Essen begleitet ihn bis heute und führt dazu, dass er sich nach jedem beruflichen Erfolg mit Essen belohnt. In der EMDR-Sitzung konnte er diese Verknüpfung lösen und entwickelte stattdessen gesündere Belohnungsmechanismen.
Karin, 45 Jahre: Nach einer Trennung als junge Erwachsene begann Karin, in schwierigen emotionalen Phasen zu viel zu essen. Essen war für sie eine Möglichkeit, den emotionalen Schmerz zu dämpfen. Mithilfe von EMDR arbeitete sie die schmerzhaften Erinnerungen auf, die ihre Essgewohnheiten beeinflussten, und lernte, emotionale Belastungen anders zu bewältigen.
Diese Beispiele zeigen, wie tief verankerte Muster durch gezielte EMDR-Therapie aufgelöst werden können, sodass sie im Hier und Jetzt nicht mehr belastend wirken.
Aktuelle Auslöser erkennen und bearbeiten
Ebenso wichtig ist es, gegenwärtige Auslöser zu identifizieren und zu bearbeiten. Orte, Personen, Emotionen oder Sinnesreize wie bestimmte Gerüche oder Bilder, die das ungewünschte Essverhalten triggern, können durch EMDR behandelt werden. Ziel ist es, dass diese Auslöser ihre Macht verlieren und man bewusster und kontrollierter reagieren kann, statt dem Reiz nachgeben "zu müssen". Ich schreibe ganz bewusst "müssen", denn das Nachgeben fühlt sich für viele meiner Patienten wie ein Zwang an. Es ist kaum möglich, sich dagegen zu entscheiden, jedenfalls nicht, ohne sich unwohl oder schlecht zu fühlen.
Sabine, 48 Jahre: Jedes Mal, wenn Sabine an der Bäckerei vorbeikam, die nach frischem Gebäck duftete, fiel es ihr extrem schwer, nicht spontan etwas zu kaufen. Diese Gerüche erinnerten sie an die Trostmomente ihrer Kindheit. In der EMDR-Sitzung konnte Sabine diese Assoziationen auflösen, sodass der Duft nicht mehr automatisch das Bedürfnis auslöste, sich zu trösten.
Markus, 50 Jahre: Markus bemerkte, dass er in bestimmten Situationen – nach stressigen Meetings oder wenn er an bestimmten Restaurants vorbeiging – fast zwanghaft nach ungesundem Essen griff. Durch die Arbeit mit EMDR konnte er die Verbindung zwischen beruflichem Stress und dem Wunsch nach „Belohnung“ durch Essen bearbeiten. Nach der Therapie fühlte er sich weniger getriggert und konnte den Reiz bewusst wahrnehmen, ohne darauf reagieren zu müssen.
Karin, 45 Jahre: Nach einem anstrengenden Arbeitstag hatte Karin das Bedürfnis, sich auf dem Sofa mit Chips und Schokolade zu entspannen. Sie erkannte, dass bestimmte Abende und Orte, wie das Wohnzimmer, besonders stark mit emotionalem Essen verknüpft waren. Durch EMDR lernte sie, diese Verbindung zu lösen, sodass sie sich am Abend entspannen konnte, ohne unbewusst zu Essen zu greifen.
Diese Beispiele verdeutlichen, wie EMDR helfen kann, aktuelle Auslöser zu entschärfen und wieder Kontrolle über das eigene Verhalten zu erlangen – ohne den inneren Zwang oder das unangenehme Gefühl, nicht anders handeln zu können.
Veränderung im Hier und Jetzt:
Neben der Aufarbeitung der Vergangenheit ist es entscheidend, auch im Hier und Jetzt Veränderungen am Essverhalten vorzunehmen. Es reicht nicht aus, nur die Wurzeln des Problems zu erkennen; wir müssen auch neue, gesunde Verhaltensweisen entwickeln und stärken:
Zukünftiges Verhalten stärken
EMDR kann auch verwendet werden, um zukünftiges Verhalten zu stärken. Dies bedeutet, positive und gesunde Essgewohnheiten zu fördern und zu festigen. Mit Ressourcenübungen können schwierige Situationen entschärft und neues Verhalten eingeübt werden. Diese Übungen – wie dem Verlangen nach Schokolade zu widerstehen oder „Nein“ zu sagen, wenn jemand einen zum Essen einlädt – werden im gemütlichen Sessel in der Praxis durchgeführt. So wird das gewünschte Verhalten vorbereitet und gestärkt, sodass man auch im echten Leben bewusster reagieren kann, wenn Verlockungen auftreten.
Sabine, 48 Jahre: In der Therapie trainierte Sabine, bei Familienfesten bewusst kleinere Portionen zu wählen und Nein zu sagen, wenn sie keinen Hunger mehr hatte. Die Ressourcenübung half ihr, dieses Verhalten im Alltag zu verankern, und sie konnte beim nächsten Fest ihr neues Verhalten erfolgreich umsetzen.
Markus, 50 Jahre: Markus lernte, seinen Stress nicht mehr mit Essen zu kompensieren. Er übte in den Sitzungen, in Stressmomenten tief durchzuatmen und bewusst eine Pause einzulegen, anstatt direkt nach Snacks zu greifen. Dieses neue Verhalten wurde durch die EMDR-Sitzungen gestärkt, sodass er in stressigen Situationen nicht mehr automatisch zu ungesundem Essen griff und sich trotzdem entspannt fühlen kann.
Karin, 45 Jahre: Karin hatte oft Schwierigkeiten, sich von Süßigkeiten fernzuhalten, besonders wenn sie abends nach Hause kam. In der Praxis visualisierte sie die Situationen, in denen sie üblicherweise naschte, und übte, bewusst andere Handlungsalternativen zu wählen, wie zum Beispiel einen Tee zu trinken oder sich mit einem Buch zu entspannen. Diese Übung half ihr, ihre Gewohnheiten im Alltag langfristig zu verändern.
Durch diese Übungen wird das neue, gesunde Essverhalten nicht nur verankert, sondern auch gestärkt, sodass es in der Realität besser durchgehalten werden kann – selbst in Momenten, in denen man sonst leicht in alte Muster verfallen würde.
Genuss statt Verzicht: Das Genusstraining
Es ist wichtig, dass bei all dem Bemühen keine Mangelsituation entsteht. Statt strenger Diäten setze ich in meiner Praxis Genusstraining aus der Verhaltenstherapie als zentrales Element ein. So lernen meine Patienten, Genuss zu empfinden, ohne dabei einen Kontrollverlust zu erleben und sich mit dem Kopf im Kühlschrank wiederzufinden. Dies hilft ihnen, eine gesunde Beziehung zum Essen aufzubauen, bei der sie sich weder übermäßig einschränken noch unkontrolliert essen.
Warum? Weil wahrer Genuss und Überessen nicht zusammenpassen. Wer kennt es nicht: das schwere Gefühl, wenn man sich zu voll gegessen hat?
Hier spielt auch EMDR eine Rolle: In Momenten, in denen sich jemand früher überessen hat, kann EMDR helfen, sich von diesem alten Muster zu distanzieren und bewusster mit dem Essen umzugehen.
- Sabine und die Rosinenübung: Sabine lernte in einer Genusstraining-Sitzung, sich voll und ganz auf eine einzelne Rosine zu konzentrieren. Sie nahm sich Zeit, sie zu fühlen, zu riechen und langsam zu schmecken. Auch wenn es vielleicht albern klingt (was soll schon eine Rosine bringen?!): diese Übung brachte ihr bei, wie wichtig es ist, bewusst und achtsam zu essen. Sabine konnte dieses achtsame Genusserlebnis später auf andere Mahlzeiten übertragen und berichtete, dass sie sich seitdem weniger überessen habe und das Essen viel mehr genieße.
- Markus und das bewusste Kauen: Markus neigte dazu, schnell zu essen, besonders in stressigen Situationen. In einer Sitzung probierte er aus, wie es sich anfühlt, jeden Bissen länger zu kauen und den Geschmack bewusst wahrzunehmen. Diese Übung half ihm, langsamer zu essen und das Sättigungsgefühl früher zu erkennen. In Kombination mit EMDR konnte er diese positive Veränderung im Alltag festigen und seinen Stress nicht mehr mit übermäßigem Essen kompensieren.
- Karin und die Verlockung von Schokolade: Karin liebte Schokolade, konnte sich aber oft nur schwer bremsen. In einer EMDR-Sitzung konzentrierte sie sich auf das Gefühl, Schokolade bewusst zu genießen, anstatt sie hastig zu essen. Durch das Genusstraining lernte sie, sich an einem kleinen Stück Schokolade zu erfreuen, ohne den Drang zu verspüren, die ganze Tafel zu essen.
Mit diesen Übungen lernen meine Patienten, den Moment des Essens wirklich zu erleben und den Genuss in den Vordergrund zu stellen. Das hilft nicht nur dabei, Überessen zu vermeiden, sondern stärkt auch die Wertschätzung für gesunde und ausgewogene Ernährung.
Sinnvolle Bewegung: Spaß statt Zwang
Bewegung sollte Freude bereiten und kein Zwang sein. Es geht darum, Aktivitäten zu finden, die den Patienten Spaß machen und gleichzeitig ihre körperliche Gesundheit fördern. Dabei können Ressourcenübungen eine wichtige Rolle spielen, um diese Bewegungseinheiten im Alltag zu verankern – ohne, dass sie zur lästigen Pflicht werden. Oft tauchen im Hintergrund Ängste und Blockaden auf, die nicht offensichtlich sind, aber dennoch die Motivation blockieren.
Sabine und die tägliche Spazierroutine: Sabine fühlte sich bei dem Gedanken an Sport oft überfordert und vermied Bewegung, weil sie das Gefühl hatte, es „richtig“ machen zu müssen. In der Therapie entdeckte sie, dass kurze, tägliche Spaziergänge an der frischen Luft ihr guttun. Sabine lernte, sich die Bewegung ohne Druck zu erlauben – sie musste keine perfekten Fitnesspläne einhalten, sondern einfach das tun, was ihr Wohlgefühl stärkte. Mit EMDR konnte sie Blockaden abbauen, die sie daran hinderten, Bewegung als etwas Leichtes und Positives wahrzunehmen.
Markus und die Freude am Tanzen: Markus war nie ein Fan von klassischen Sportarten und empfand Fitnessstudios als stressig. Doch in der Therapie erinnerte er sich an seine Jugend, als er regelmäßig tanzen ging. Mit dieser Erinnerung begann er, wieder mehr Bewegung in Form von Tanz in sein Leben zu integrieren – nicht als sportliche Pflicht, sondern als Freude an der Musik. In EMDR-Sitzungen konnte er die Ängste auflösen, die ihn früher davon abgehalten hatten, sich im eigenen Körper wohlzufühlen und sich frei zu bewegen.
Karin und das Schwimmen: Karin hatte Schwimmen immer geliebt, doch irgendwann hatte sie den Spaß daran verloren. Sie erzählte in der Therapie, dass sie sich oft unwohl fühlte, im Badeanzug ins Schwimmbad zu gehen. Durch Ressourcenübungen lernte sie, diesen inneren Druck zu mindern und sich wieder auf die Freude am Wasser zu konzentrieren. EMDR half ihr, alte, negative Glaubenssätze über ihren Körper loszulassen. Bald schwamm sie wieder regelmäßig, ohne sich dabei unwohl oder beobachtet zu fühlen.
Diese Beispiele zeigen, dass Bewegung nicht zwangsläufig eine Herausforderung sein muss. Es geht darum, Aktivitäten zu finden, die Freude machen und gut tun. Bewegung sollte nicht als anstrengender Zwang, sondern als Möglichkeit zur Selbstfürsorge erlebt werden. EMDR kann dabei helfen, Ängste und Blockaden, die die Bewegung bisher behinderten, zu bearbeiten.
Ego-State-Therapie
Neben EMDR kann auch die Ego-State-Therapie wertvolle Unterstützung bieten. Diese Therapieform beschäftigt sich mit den verschiedenen Persönlichkeitsanteilen, die in uns allen existieren.
Innere Anteile integrieren
In der Ego-State-Therapie kümmern wir uns um die Persönlichkeitsanteile, die über das Essen Trost suchen oder nie satt werden. Oft sind diese Anteile Überbleibsel aus früheren Lebensphasen, die andere Bedürfnisse haben, als die, die durch Essen befriedigt werden können. Indem wir diese Anteile anerkennen und ihre wahren Bedürfnisse erfüllen, können wir einen gesünderen Umgang mit Essen entwickeln.
Meine Persönliche Erfahrung
Auch ich hatte jahrelang die Hoffnung, dass ich allein über ein diszipliniertes Essverhalten abnehmen könnte. Das hat nicht gut geklappt. Die gute Nachricht: Strenge Diäten machen alles nur noch schlimmer und helfen nicht LANGFRISTIG. Du kannst sie also getrost verabschieden.
Die andere Seite der Medaille: Ungebremstes Weiteressen hilft auch nicht.
Es braucht eine Veränderung an mehreren Stellschrauben, um nachhaltigen Erfolg zu erzielen. Die Arbeit an der Vergangenheit ist wichtig, aber genauso wichtig ist es, im Hier und Jetzt aktiv zu werden und neue Wege zu gehen. EMDR kann eine gute Unterstützung bieten, um mental und körperlich gut gewappnet zu sein.
Fazit
EMDR allein ist kein Wundermittel gegen Übergewicht, aber es kann ein wertvoller Baustein auf dem Weg zu einem gesünderen Umgang mit dem eigenen Essverhalten sein. Wie wir gesehen haben, spielt das Essen oft eine tief verwurzelte emotionale Rolle – sei es als Trost, Belohnung oder Flucht vor unangenehmen Gefühlen. Mit EMDR können diese Ursprünge und aktuellen Auslöser gezielt bearbeitet werden, um die emotionale Verknüpfung mit dem Essen zu lockern.
Zusätzlich kann EMDR helfen, gesunde, zukunftsorientierte Verhaltensweisen zu stärken, wie bewussteres Genießen und achtsame Bewegungsgewohnheiten. Der Ansatz fördert somit nicht nur die Verarbeitung der Vergangenheit, sondern unterstützt auch konkrete Veränderungen im Hier und Jetzt. Es bleibt jedoch ein Weg, der Geduld, Selbstfürsorge und das Finden der eigenen inneren Balance erfordert – JEDOCH ohne strikte Diäten oder Überforderungen.
Im Kern geht es darum, sich selbst besser zu verstehen und achtsame, gesunde Entscheidungen für das eigene Wohlbefinden zu treffen. EMDR kann dabei unterstützen, den Prozess zu erleichtern und langfristig positive Veränderungen zu bewirken.
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